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Home Flusenkram Kaum zu glauben Es steht geschrieben Letzte Aktualisierung: 01.02.2014 17:23 | BIBEL: TEXTUS RECEPTUS |
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Nach allem, was ich inzwischen zu Bibelübersetzungen studiert habe, bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass der Textus Receptus dem Original am nächsten kommt. Dazu habe ich auch ein Buch von Prof. Benjamin George Wilkinson gelesen: "Our Authorized Bible Vindicated". Darin wird ganz deutlich beschrieben, wie gründlich und sorgfältig die noch vorhandenen Dokumente übersetzt wurden. Das kann man gerne in meiner deutschen Übersetzung nachlesen: "Verteidigung unserer zugelassenen Bibel". | |||||||||||||||||||||||||
Trotzdem ist es interessant zu lesen, welche anderen Übersetzungen es noch gibt, und auf welcher Grundlage diese entstanden sind. Deshalb hier der Artikel dazu: | |||||||||||||||||||||||||
Der Begriff Textus receptus wurde geprägt durch das Vorwort einer Ausgabe des griechischen Neuen Testaments von 1633 durch Bonaventura Elzevir und seinen Neffen Abraham Elzevir, Drucker aus Leiden. Sie schrieben | |||||||||||||||||||||||||
„textum ergo habes, nunc ab omnibus receptum“ |
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was übersetzt bedeutet: „du erhältst also den Text, der nun von allen empfangen/übernommen wurde“. Die zwei Wörter textum und receptum wurden später in der Phrase textus receptus zusammengezogen, womit der zugrundeliegende Text als allgemein akzeptierte und damit verbindliche Textfassung des Neuen Testaments ausgegeben wurde. |
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ENTSTEHUNG | |||||||||||||||||||||||||
Die Texttradition dieses Textus receptus beginnt mit der ersten Druckausgabe des griechischen Neuen Testaments, die Erasmus von Rotterdam 1516 unter dem Titel Novum Instrumentum omne vorlegte. Erasmus standen dazu sieben griechische Handschriften des Neuen Testaments zur Verfügung, die der Tradition des Mehrheitstextes zuzurechnen sind und aus dem 11. bis 15. Jahrhundert stammen. Aus diesen Handschriften gewann Erasmus unter Zuhilfenahme der Vulgata und von Bibelzitaten bei den Kirchenvätern seinen Text, den er an einigen Stellen selbst ergänzte, wo er nicht auf Quellen zurückgreifen konnte. Er wurde damit zum ersten Textkritiker des Neuen Testaments. Die Ausgabe wurde innerhalb von nur 5 Monaten vorbereitet und enthielt wegen des Zeitdrucks relativ viele Fehler. Eine zweite, korrigierte Auflage erschien 1519. Diese bildete auch die Textgrundlage für Martin Luthers deutsche Übersetzung. Drei weitere Auflagen mit Textänderungen erschienen 1522, 1527 und 1535. | |||||||||||||||||||||||||
Parallel zur Erstausgabe Erasmus' wurde in Spanien unter Leitung des Kardinals Jiménez ebenfalls eine Ausgabe des Neuen Testaments erarbeitet, die jedoch erst 1520 erschien. | |||||||||||||||||||||||||
Auf Grundlage dieser beiden Editionen gab Robert Estienne (genannt Stephanus) 1546 eine Ausgabe heraus, deren dritte Auflage 1550 erschien und unter dem Namen
Editio Regia bekannt ist. Mit der vierten Auflage wurde von Estienne auch die bis heute angewandte Verszählung für das Neue Testament eingeführt. Estienne lehnte sich vor allem an die fünfte Auflage der Erasmus-Ausgabe an.
| Der reformierte Theologe Theodor Beza veröffentlichte zwischen 1565 und 1611 (hier posthum) weitere zehn Ausgaben des griechischen Neuen Testaments, die vor allem auf der vierten Auflage der Ausgabe Estiennes beruhte, aber auch einige Änderungen enthielt, die teilweise weder durch die früheren Ausgaben, noch durch Handschriften belegt waren. |
| Auf diesen Text Bezas (aus der ersten und fünften Auflage) bauten die Drucker Elzevir ihre Ausgabe auf, die in der zweiten Auflage von 1633 dem
Textus receptus seinen Namen gegeben hat. Insgesamt erschienen bis 1678 sieben Auflagen aus dem Haus Elzevir. | | Diese Editionen werden als Ausgaben des Textus Receptus angesehen, weil sie im Wesentlichen auf die Arbeit Erasmus' zurückgehen und recht einheitlich sind, obwohl sie sich in kleineren Details jeweils unterscheiden. | |
TEXTGESCHICHTLICHE EINORDNUNG UND KRITIK | | In der komplizierten Textgeschichte des Neuen Testaments unterscheidet man verschiedene Textfamilien. Erasmus hat seiner Erstausgabe sieben mehr oder minder zufällige Manuskripte des so genannten Mehrheitstextes oder
byzantinischen Reichstextes zu Grunde gelegt. Davon enthielt eines das gesamte Neue Testament ohne die Offenbarung, zwei ausschließlich die Evangelien, zwei die Paulusbriefe, eines die Apostelgeschichte und Briefe. Die Offenbarung lag ihm sogar nur in einer nicht ganz vollständigen Handschrift vor. Alle Handschriften waren von nicht besonders hoher textgeschichtlicher Qualität. Für die späteren Ausgaben des Textus receptus wurden weitere und bessere Handschriften aus der Tradition des Mehrheitstextes herangezogen. | | Der byzantinische Text wird zwar von der Mehrheit der erhaltenen Handschriften überliefert, ist aber, wie die wissenschaftliche Textkritik heute annimmt, eine vergleichsweise späte Entwicklung, die sich im Lauf der Textüberlieferung vom Urtext recht weit entfernt haben könnte. | | Im 18. Jahrhundert wurde die Genauigkeit des
Textus receptus in Frage gestellt: Ausgaben des griechischen Neuen Testaments wurden zunehmend mit einem
textkritischen Apparat versehen, der abweichende Lesarten aus anderen Handschriften und Übersetzungen verzeichnete, zum Teil mit Angabe, sie seien vermutlich ursprünglicher als die Lesart des
Textus receptus. Im 19. Jahrhundert wurden weitere Handschriften entdeckt, entziffert und in ihrer Wichtigkeit für die Textüberlieferung erkannt. Etwa ab dem Erscheinen der Ausgabe von Konstantin von Tischendorf von 1869/1872 und dem New Testament in the Original Greek von
Westcott/Hort 1881 galt der Textus receptus in der wissenschaftlichen Textkritik nicht mehr als maßgeblich, auch wenn man an den textkritischen Leitprinzipien insbesondere von
Westcott/Hort durchaus berechtigte Kritik üben kann. |
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| Bibelübersetzungen aus der Reformationszeit wie die ursprüngliche Lutherbibel oder die englische King-James-Bibel legen den Textus receptus zu Grunde, während sich heutige Übersetzungen in der Regel auf die neueren textkritischen Ausgaben des griechischen Neuen Testaments stützen, vor allem auf das Novum Testamentum Graece und das im Text mit diesem identische Greek New Testament. Ausnahmen sind die Schlachter-Bibel in der Version 2000, die nicht von der Deutschen Bibelgesellschaft vertriebene Luther-Revision von 1998 (Neues Testament) und das von Prof. Herbert Jantzen übersetzte Neue Testament von 2007, die den Textus receptus als Grundlage benutzen.
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In einer gemeinsamen Richtlinie zwischen dem Vatikan und den United Bible Societies haben die beteiligten Bibelgesellschaften und die Römisch-katholische Kirche vereinbart, bei gemeinsamen überkonfessionellen Übersetzungen des Neuen Testaments grundsätzlich nicht den
Textus Receptus, sondern kritische wissenschaftliche Ausgaben, insbesondere das Greek New Testament, als Textgrundlage zu verwenden. Die Vereinbarung unter dem Titel "Guiding Principles for Interconfessional Cooperation in Translating the Bible" stammt ursprünglich aus dem Jahr 1968 und wurde 1987 erneuert. |
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KIRCHLICHE
VERWENDUNG |
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Einzelne Anhänger des Textus receptus, die diese Textform als die von Gott inspirierte ansehen, gibt es heute vor allem in freikirchlichen und evangelikalen Kreisen. Auch die Griechisch-Orthodoxe Kirche, in deren Gottesdiensten bis heute die altgriechische Originalsprache üblich ist, verwendet als ihren Bibeltext weiterhin einen Text, der Erasmus’
Textus receptus ähnlich, allerdings nicht genau gleich ist. Er basiert auf einer größeren Zahl von Manuskripten des
byzantinischen Reichstextes, als sie Erasmus zur Verfügung standen. Dies wird damit begründet, dass der Heilige Geist nicht nur speziell die ursprünglichen Autoren, sondern vielmehr die gesamte kirchliche Überlieferung inspiriert habe; auch wenn man die Rekonstruktion der Originaltexte als möglich annehme, seien diese daher nicht prinzipiell besser als der kirchlich überlieferte Text. |
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Autor: Rudolf Ebertshäuser
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